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Es geht rasant, beinahe kometenhaft. 2018 noch "Newcomer des Jahres", 2019 deutsche Nummer eins, 2020 Gesamtweltcup-Zweiter: Der Aufstieg von Vinzenz Geiger mag viele Szenekenner der Nordischen Kombination überraschen – Geiger selbst nicht.
"Ich habe mir nie überlegt, wie ich damit umgehen soll. Erfolg ist nur eine Frage des Verhältnisses", sagt der 22-Jährige und fügt an: "Man freut sich über Rang 20 und wächst damit, bis man ums Podium kämpft. Wichtig ist, immer nur locker zu bleiben."
Und doch weiß der Athlet vom Skiclub Oberstdorf auch allzu gut, dass er beim anstehenden Doppel-Weltcup in der Heimat am Wochenende zu den Favoriten gehört. Denn erstmals in seiner jungen Laufbahn geht Vinzenz Geiger als deutsche Nummer eins an den Start.
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"Meine Rolle im Team hat sich für mich nicht geändert. Es läuft wie vorher. Nichts ändert sich, nur weil ich aktuell der beste Deutsche bin", sagt Geiger und ergänzt: "Ich bin selbstbewusst und weiß aber, dass wir uns nur gegenseitig pushen können. Es hat mich ja auch hochgezogen, wenn die Kollegen gut in Schuss waren. Die Chefs sind immer noch andere." Und doch ist Geiger auf dem besten Weg dahin.
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Die Karriere von Vinzenz Geiger: Daten eines Senkrechtstarters
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Sein imposanter Aufstieg im Raffer: 2005, mit acht Jahren, wagte Geiger den Einstieg in den nordischen Skisport. Vier Jahre später startete er in der Kombination und feierte schon 2015 sein Debüt im Weltcup. Nur ein Jahr später stand der heute 22-Jährige als Drittplatzierter in Ramsau erstmals auf dem Podest. Es folgten Silber- und Goldmedaillen bei Junioren-Weltmeisterschaften 2016 und kurz vor dem Abitur 2017 sowie der Olympiasieg 2018 in Pyeongchang mit der Mannschaft an der Seite von Johannes Rydzek, Fabian Rießle und Eric Frenzel. Der Rest ist jüngste Geschichte: Geiger hat inzwischen drei Einzel-Weltcupsiege, ist nach Rang fünf im Vorjahr aktuell Gesamtweltcup-Zweiter.
"ich versuche mein ding zu machen und das anzugreifen, worauf ich Einfluss habe wir werden dann sehen wo die Reise endet."
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Aber Vinzenz will mehr. "Es geht in allen Bereichen noch viel, auch wenn die Platzierung aktuell schon hoch ist", sagt Geiger. "Speziell im Springen, aber auch im Laufen habe ich noch viel Potenzial. Es geht gut, das Niveau zu halten, wenn man sich verbessern will." Dieses Niveau befindet sich bei dem gebürtigen Oberstdorfer auf dem bisherigen Höhepunkt. Das belegt der jüngste Weltcup-Sieg in Val di Fiemme, der Vinzenz Geiger mit breiter Brust in den Heim-Weltcup starten lässt. "Das gibt gehörig Rückenwind, das ist klar. Aber ich weiß, dass es zu Hause schwieriger wird, weil der Abstand beim Springen auf der Großschanze noch größer ist. Aber ich bin selbstbewusst – und gut drauf. Eine starke Kombi."
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Lob gibt es von Geigers Trainingspartner Johannes Rydzek
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Das sieht auch sein Trainingspartner Johannes Rydzek so. "Vinzenz springt derzeit schon sehr stabil und kann immer auf seine extreme Laufstärke vertrauen. Wo wir anderen noch etwas mit der Sprungform hadern, ist er aktuell am stabilsten", sagt der zweifache Olympiasieger und sechsfache Weltmeister. Und Rydzek ergänzt: "Er hat so schon nach dem Springen immer eine gute Ausgangsposition, und wenn er mal Lunte riecht, ist mit ihm zu rechnen."
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Dieses Lob von höchster Stelle weiß der sechs Jahre jüngere Geiger allzu gut einzuordnen. In der Tat ist die Konstanz sein größter Trumpf: Seit dem Weltcup in Ruka Anfang Dezember hat der Schafkopfliebhaber nur einstellige Weltcup-Platzierungen vorzuweisen, schwang sich zum Jäger von Ausnahme-Kombinierer Jarl Magnus Riiber auf, der in diesem Winter bisher nur zwei Rennen nicht gewinnen konnte. "Riiber ist so übermächtig. Ich finde es schon cool, dass ich ihn zweimal schlagen durfte", sagt Vinzenz Geiger. "Aber ich versuche mein Ding zu machen und das anzugreifen, worauf ich Einfluss habe. Wir werden dann sehen, wo die Reise endet."